Anzeige vs. redaktioneller Inhalt: Darum ist die Trennung so wichtig

Hat dir schon mal ein Magazin einen redaktionellen Bericht gegen Bezahlung angeboten? Finger weg von solchen Deals! Warum, erfährst du hier.

Trennung von Anzeige und Redaktion: Symbolbild

Es gab eine Zeit in meinem Leben, da war ich als PR-Manager häufig auf Messen unterwegs: Las Vegas, Amsterdam, Unterschleißheim (liebe Grüße an meine Ex-Kollegin Betti an dieser Stelle!). Ich traf mich mit vielen, vielen Journalist*innen. Stunde für Stunde saßen ich ihnen auf klinisch-weißen Stühlen an ebenso weißen Tischen gegenüber.

Die Halogenstrahler über unseren Köpfen warfen ihr grelles Licht auf uns, der Messelärm und das Klirren der Kaffeetassen drangen dumpf durch die dünnen Wände und machten unsere Stimmen heiser, wir sprachen über die neuen Produkte meines damaligen Arbeitgebers und „loteten“ Möglichkeiten der Zusammenarbeit aus.

Auf einer dieser Messen wohnte ich einem Gespräch bei, in dessen Verlauf der Chefredakteur eines Branchenmagazins fast beiläufig den folgenden Satz fallen ließ: „Wissen Sie“, sagte er gut gelaunt, „das Schöne an unserem Magazin ist doch das: Anzeige oder redaktioneller Artikel – da machen wir keinen Unterschied, das ist bei uns alles das gleiche.“

Danach war das Gespräch, das eigentlich recht vielversprechend begonnen hatte, beendet, zumindest für mich. Mir war klar: Mit diesem Magazin würde ich niemals zusammenarbeiten.

(Wenn du jetzt gar nichts verstehst und der Meinung bist, dass ich vielleicht einfach mal hätte an die frische Luft gehen sollen zwischendurch: Du hast sicher recht – aber es lohnt sich für dich, weiterzulesen.)

Was war hier passiert?

Mit diesem einen Satz hatte sich der Chefredakteur geoutet.

Und zwar als jemand, der die Funktion von Medien in einer Demokratie entweder nicht verstanden hat (für einen Mann in seiner Position ist das schlimm) oder aber (noch schlimmer!) sie ganz bewusst ignoriert – und damit seine Leser*innen hinters Licht führt.

Die Trennung zwischen Anzeige und redaktionellem Beitrag, zwischen Werbung und PR, ist immens wichtig. Wer das nicht versteht, hat in der Medienbranche nichts verloren.

Das klingt vielleicht überzogen und über-dramatisch, denn es geht hier nicht um Politik und wir reden auch nicht vom SPIEGEL, sondern von einem Fachblatt mit verhältnismäßig kleiner Auflage, in dem sich Menschen in eigentümlichen Worten daran erfreuen, dass sie einen Hirsch aus 50 Meter Entfernung in die ewigen Jagdgründe befördert haben.

Das Ausmaß des Schadens, der im Fall dieses Magazins entsteht, ist überschaubar. Aber konsequent zu Ende gedacht ist es genau das: eine Unterwanderung unseres hart erkämpften demokratischen Systems.

(Wäre das übrigens beim SPIEGEL passiert, dann wäre der Chefredakteur seinen Job los – und hätte vermutlich größte Probleme, jemals wieder im Journalismus Fuß zu fassen.)

Unabhängige Medien sind für eine Demokratie unabdingbar

Medien haben eine wichtige Funktion in der Demokratie: Sie berichten unabhängig. Das bedeutet: Sie vertreten keine Interessen von Dritten – weder von Unternehmen, noch von Regierungen, Parteien oder Verbänden. Sie sind nicht käuflich, sollten es zumindest nicht sein.

Medien wirken in einer Demokratie als Korrektiv der „Mächtigen“, als watchdog,  als sogenannte vierte Säule, mit deren Hilfe sich die Bürger*innen ein möglichst umfassendes Bild von einer Sache machen können. Ihre Kernaufgabe ist es, die Menschen zu informieren: wahrheitsgemäß, faktentreu und objektiv. Medien sollen Dinge kritisch hinterfragen und Missstände aufdecken.

Wenn nun unser Chefredakteur offenherzig zugibt, dass er in seinem Magazin redaktionelle Beiträge und Anzeigen vermischt, ohne das für seine Leser*innen kenntlich zu machen, bedeutet das, dass seine Anzeigenkunden offenbar positive Berichterstattung gegen Geld einkaufen können.

Damit führt er die Leser*innen ganz bewusst in die Irre.

Und sägt obendrein an dem Ast, auf dem er sitzt – denn was ist ein Testbericht wert, der von dem Unternehmen bezahlt wird, dessen Produkt getestet wird? Welche Glaubwürdigkeit hat ein Magazin, das seine Leser*innen vorsätzlich täuscht?

Wo Werbung drin ist, muss Werbung draufstehen  

Mir ist klar, dass bei kleinen Fachmagazinen ein ganz anderer wirtschaftlicher Druck herrscht als bei den großen Publikumsmedien. Oft sind die Magazine abhängig von der Gunst einer Handvoll Anzeigenkunden – und an manchen Tagen geht es in den Redaktionen ums nackte Überleben.  

Aber bei allem Verständnis: Das als Freibrief dafür zu verstehen, sein Publikum mit gekauften Inhalten zu täuschen, wäre fatal.

Schleichwerbung ist strafbar

Werbung muss als solche gekennzeichnet sein, der simple Zusatz „Anzeige“ genügt. Wer sich nicht daran hält, macht sich sogar strafbar – geregelt ist das im im Rundfunkstaatsvertrag, im Pressekodex und im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, auch für Influencer*innen.

Ein Verstoß kann richtig teuer werden: Für Schleichwerbung drohen bis zu 500.000 Euro Strafe.

Der Wolf im Schafspelz: Sonderfall Advertorial

Vielleicht hast du schon mal von Advertorials gehört? Der Begriff setzt sich zusammen aus dem englischen advertisement („Werbung“) und editorial („Leitartikel“).

Ein Advertorial ist eine Sonderform der Werbung: eine bezahlte Anzeige, die wie ein journalistischer Artikel geschrieben und gelayoutet ist. Das macht es den Leser*innen oft schwer(er), den Bericht auf den ersten Blick als Werbung zu identifizieren. Das Advertorial: ein Wolf im Schafspelz also.

Aber auch für Advertorials gilt: Sie müssen unmissverständlich als Werbung gekennzeichnet werden. Ist das der Fall, sind Advertorials völlig in Ordnung – und wirken, wenn sie gut gemacht sind, oft glaubwürdiger als eine „normale“ Werbeanzeige.     

Trennung von Redaktion und Werbung: 6 Tipps für Unternehmen

Ich hoffe, ich konnte dich ein wenig dafür sensibilisieren, warum die Trennung von redaktionellen Inhalten und Werbung wichtig ist.

Wenn du professionelle und seriöse Pressearbeit für dein Unternehmen machen willst, habe ich hier noch ein paar Tipps für dich:

 

  1. Wenn du mit Medien Kontakt aufnimmst, sei dir vorab im Klaren darüber, ob du redaktionelle Berichterstattung erreichen oder bezahlte Werbung schalten willst – und mache das beim Erstkontakt unmissverständlich deutlich.

  2. Wähle deine*n Ansprechpartner entsprechend aus: Größere Medienhäusern haben meist eine eigene Anzeigenabteilung, die getrennt von der Redaktion arbeitet. Seriöse Fachmagazine beschäftigen in der Regel eine*n Mitarbeiter*in, die oder der sich ausschließlich um Anzeigenkund*innen kümmert. Für unabhängige journalistische Beiträge hingegen sind die Redaktionen zuständig.

  3. Sind Redaktion und Anzeigenabteilung bei dem Medium nicht voneinander getrennt, sollte immer klar sein, in welcher Rolle dein Gegenüber gerade mit dir spricht – als Redakteur oder Anzeigen-Verkäufer.

  4. Lass dich auf keine Deals ein, die redaktionelle Berichterstattung und Werbung vermischen oder miteinander in Beziehung setzen („Sie schalten jetzt eine Anzeige und dann bringen wir einen Bericht über Ihr Unternehmen in der nächsten Ausgabe.“) Das kann auch deinem Unternehmen schaden.

  5.  Falls dir solche Deals angeboten werden, kannst du offen ansprechen, dass dir das nicht gefällt. Überleg dir gut, ob du wirklich mit diesem Medium zusammenarbeiten willst – seriös ist das nicht.

  6.  Achte und bestehe darauf, dass Werbung, die du in Medien schaltest, immer als solche gekennzeichnet wird, zum Beispiel mit „Werbung“ oder „Anzeige“.

 

Fazit: Trennung von redaktionellem Content und Anzeigen

Wenn du erfolgreich und professionell Pressearbeit machen und vertrauensvolle Beziehungen zu (seriösen) Medien aufbauen willst, achte darauf, dass du redaktionelle Berichterstattung und Anzeigen immer klar voneinander trennst. Denn Schleichwerbung ist nicht nur strafbar, sondern gefährdet auch das Ansehen deines Unternehmens – und letztlich die Demokratie.

 


 

Wer hier bloggt

Hi, ich bin Jörn! Als freier Texter und PR-Berater helfe ich nachhaltigen Unternehmen und Selbständigen, ihre Traumkunden zu gewinnen und ihr Business wachsen zu lassen – mit klaren und authentischen Botschaften. Auf meinem Blog gebe ich dir Tipps rund ums Texten, Marketing und Nachhaltigkeit.

 

 
 

 
Jörn Leonhardt

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